Rechenübung am 4. November 1999
Der Gradient und die Existenz von Potentialen.
In der Vorlesung wurde der Begriff des Gradienten eingeführt. Die Definition ist:

\begin{displaymath}
grad \Phi = \vec{\nabla} \Phi = (\frac{\partial \Phi}{\parti...
...partial \Phi}{\partial y}, \frac{\partial \Phi}{\partial z}),
\end{displaymath}

wobei $\Phi(x,y,z)$ eine skalare Funktion ist. Die wichtigsten Rechenregeln sind:
$\displaystyle \vec{\nabla}(\Phi_{1}+\Phi_{2})$ $\textstyle =$ $\displaystyle \vec{\nabla} \Phi_{1}
+ \vec{\nabla} \Phi_{2}$  
$\displaystyle \vec{\nabla} (c \Phi)$ $\textstyle =$ $\displaystyle c \vec{\nabla} \Phi, \; \; \; c=konstant$  
$\displaystyle \vec{\nabla} (\Phi_{1} \Phi_{2})$ $\textstyle =$ $\displaystyle \Phi_{1} \vec{\nabla} \Phi_{2}
+ \Phi_{2} \vec{\nabla} \Phi_{1}$  
$\displaystyle \vec{\nabla} f(\Phi)$ $\textstyle =$ $\displaystyle \frac{df}{d\Phi} \vec{\nabla} \Phi$  

Diese Regeln sind ähnlich den bekannten Differentiationsregeln von Funktionen mit einer Veränderlichen.
Aufgabe 1: Sei $U(r)$ eine nur vom Radius $r=\sqrt{x^{2}+y^{2}+z^{2}}$ abhängige Funktion. Zeigen Sie, daß dann gilt: $\vec{\nabla} U = (dU/dr)(\vec{r}/r)$.
In der Vorlesung wurde diskutiert, daß bei einer konservativen Kraft $\vec{F}$ die Arbeit, die benötigt wird um von einem Punkt $P_{1}$ zu einem anderen Punkt $P_{2}$ zu gelangen, nicht vom dem Weg abhängt, der die beiden Punkte verbindet. Falls man auf zwei Integrationswegen zu verschiedenen Ergebnissen für die Arbeit kommt, hat man es sicher mit einer nicht konservativen Kraft zu tun und es existiert kein Potential. Die Umkehrung ist dagegen nicht so einfach. Man kann durchaus auf zwei bestimmten Wegen zum gleichen Ergebnis kommen, trotzdem muß die Kraft nicht konservativ sein. Die Bedingung ist eben gerade, daß man auf allen Wegen zum gleichen Ergebnis kommt. Falls allerdings eine skalare Funktion $\Phi(x,y,z)$ existiert, für die $\vec{\nabla} \Phi = \vec{F}$ ist, so ist immer

\begin{displaymath}
\int_{P_{1}}^{P_{2}} \vec{F} d\vec{r} = \int_{P_{1}}^{P_{2}} \vec{\nabla}
\Phi d\vec{r} = \Phi(P_{2}) - \Phi(P_{1})
\end{displaymath}

unabhängig vom Integrationsweg.
Aufgabe 2: Zeigen Sie, daß die Kraft $\vec{F}$ ein Potential besitzt, wenn die folgenden Gleichungen erfüllt sind:

\begin{displaymath}
\frac{\partial F_{x}}{\partial y} = \frac{\partial F_{y}}{\p...
...partial F_{z}}{\partial x} = \frac{\partial F_{x}}{\partial z}
\end{displaymath}

Diese drei Gleichungen von Aufgabe 2 geben uns also die Bedingung an, die $\vec{F}$ erfüllen muß, um eine konservative Kraft zu sein. Abschließend geben wir noch ein Verfahren an, wie man das Potential bestimmt, der Einfachheit halber für 2-dimensionale Felder $\vec{F}=(f(x,y),g(x,y))$. Wir setzen also $F_{x}=f$ und $F_{y}=g$. Es gilt nach Voraussetzung

\begin{displaymath}
\frac{\partial \Phi}{\partial x} = f \; \; \; \; \; \; \; \; \; \;
\frac{\partial \Phi}{\partial y} = g
\end{displaymath}

Aus der ersten Gleichung entnehmen wir, wobei $k(y)$ eine zunächst beliebige Funktion ist,

\begin{displaymath}
\Phi(x,y) = \int f(x,y) dx + k(y)
\end{displaymath}

Differenziert man diesen Ansatz nach $y$, so folgt

\begin{displaymath}
\frac{\partial \Phi}{\partial y} = \int \frac{\partial f}{\partial y} dx
+ \frac{dk(y)}{dy}
\end{displaymath}

Andererseits sollte nach obiger Voraussetzung $\partial \Phi / \partial y = g(x,y)$ sein. Setzen wir dieses in die vorherige Gleichung ein, so folgt für $k(y)$:

\begin{displaymath}
\frac{dk}{dy} = g(x,y) - \int \frac{\partial f}{\partial y} dx
\end{displaymath}

und nach unbestimmter Integration

\begin{displaymath}
k(y) = \int g(x,y) dy - \int \frac{\partial f}{\partial y} dx dy + C
\end{displaymath}

Einsetzen von $k(y)$ in die obige Gleichung für $\Phi$ ergibt:

\begin{displaymath}
\Phi(x,y) = \int f(x,y) dx + \int g(x,y) dy -
\int \frac{\partial f}{\partial y} dx dy + C
\end{displaymath}

Im letzten Integral kann natürlich $\partial f / \partial y$ durch $\partial g / \partial x$ ersetzt werden. Diese Formel kann leicht auf 3-dimensionale Felder verallgemeinert werden.
Aufgabe 3: Zeigen Sie, daß die Kraft $\vec{F} = (2xy,x^{2} + 3y^{2})$ eine konservative Kraft ist und bestimmen Sie das Potential.
Lösungen zu den Rechenübungen am 4.12.2003
Vorbemerkung: In der Mathematik bezeichnet man häufig $\Phi = - W_{pot}$ als Potential und $W_{pot}$ als potentielle Energie. Darauf sollte noch einmal ausdrücklich hingewiesen werden.
Aufgabe 1:
Es gilt z.B.

\begin{displaymath}
\frac{\partial U}{\partial x} = \frac{dU}{dr} \cdot \frac{\partial r}{\partial x} =
\frac{dU}{dr} \cdot \frac{x}{r} .
\end{displaymath}

Entsprechend für die anderen Komponenten. Daraus folgt

\begin{displaymath}
\vec{\nabla} U = \frac{dU}{dr} \frac{1}{r} \left( \begin{arr...
...z \end{array} \right)
= \frac{dU}{dr} \cdot \frac{\vec{r}}{r}.
\end{displaymath}

Aufgabe 2:
Es gilt

\begin{displaymath}
\vec{F} = \left( \begin{array}{c} F_{x} \\ F_{y} \\ F_{z} \e...
...ial y} \\ \frac{\partial \Phi}{\partial z} \end{array} \right)
\end{displaymath}

Wir erhalten dann z.B.

\begin{displaymath}
\frac{\partial F_{x}}{\partial y} = \frac{\partial }{\partia...
... \Phi}{\partial y} \right) = \frac{\partial F_{y}}{\partial x}
\end{displaymath}

Entsprechend für die anderen beiden Gleichungen.
Aufgabe 3:
Wegen

\begin{displaymath}
\frac{\partial F_{x}}{\partial y} = 2x = \frac{\partial F_{y}}{\partial x}
\end{displaymath}

ist die Gleichung von Aufgabe 2 erfüllt. Wir benutzen die letzte Gleichung im Aufgabenblatt und erhalten
$\displaystyle \Phi(x,y)$ $\textstyle =$ $\displaystyle \int 2 x y \; dx + \int (x^{2} + 3 y^{2} ) dy - \int 2x \; dx dy + C$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle y x^{2} + x^{2} y + y^{3} - x^{2} y + C$  
  $\textstyle =$ $\displaystyle y^{3} + x^{2} y + C$  

Wir prüfen nochmal nach, dass wirklich gilt
$\displaystyle \frac{\partial \Phi}{\partial x}$ $\textstyle =$ $\displaystyle 2 x y$  
$\displaystyle \frac{\partial \Phi}{\partial y}$ $\textstyle =$ $\displaystyle x^{2} + 3 y^{2}$  





Harm Fesefeldt
2007-08-02