Kontinuierliche Verteilungen II
Übersicht
Nachdem wir im vorherigen Kapitel die Normalverteilung, die Exponentialverteilung und die
Gammaverteilung diskutiert haben, setzen wir im vorliegenden Kapitel die Behandlung der
kontinuierlichen Verteilungen fort und beginnen mit der Betaverteilung. Zunächst jedoch
müssen Sie das
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Betaverteilung
Die Betaverteilung
ist definiert als
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und ist eine der wenigen Verteilungen, bei denen die erzeugenden Funktionen
nicht analytisch darstellbar sind. Die Momente dagegen sind leicht
ausrechenbar und zwar
Einer Integrationstabelle entnehmen wir die Formel
Damit erhalten wir
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Die erzeugende Funktion kann dann natürlich als unendliche Reihe dargestellt
werden:
wobei wir noch
für ganzzahliges, positives gesetzt
haben. Für Erwartungswert und Varianz erhalten wir
Simulation der speziellen Betaverteilung.
Für den speziellen Fall und mit ganzzahligem,
poitivem und existiert ein sehr einfacher Simulations- Algorithmus
aus der geordneten Statistik (siehe auch Kap.3).
Seien
gleichverteilte Zufallszahlen
und
die gleichen Zahlen in geordneter,
aufsteigender Reihenfolge, d.h.
Dann ist die Zahl eine Veränderliche der speziellen
Betaverteilung ,
Die entsprechende Programmroutine ist JBeta1. Die
SORT- Methode hatten wir bereits bei der Simulation der Gammaverteilung
eingeführt.
Ein Verwerfungsverfahren.
Aufbauend auf dieser Routine können wir jetzt ein Verwerfungsverfahren
für die allgemeine Betaverteilung
entwickeln.
Mit
, erfüllt
die Voraussetzungen des Verwerfungsverfahrens. Das Maximum der Funktion
liegt an der Stelle
.
Einsetzen in die obige Formel ergibt tasächlich
Die Erfolgswahrscheinlichkeit dieser Prozedur genügt der Ungleichung
Der Algorithmus lautet also:
1. Berechne
und gemäß
2. Erzeuge
und . Falls
akzeptiere als Veränderliche aus
, sonst beginne
von vorne bei Punkt 2. JBeta2 zeigt den Algorithmus.
Reduktionsmethode aus der Gammaverteilung.
Seien und zwei Veränderliche aus Gammaverteilungen
und ,
Da und unabhängig voneinander sind, ist ihre gemeinsame
Dichtefunktion:
Mit Hilfe der Transformation
bzw deren Umkehrung
erhalten wir die Dichtefunktion für und :
Die Randverteilung in ist dann tatsächlich eine Betaverteilung
,
Dieses Ergebnis ist nicht selbsverständlich. Die Transformation von
auf ist nicht umkehrbar eindeutig. Daher
darf der von uns angewandte Transformationsalgorithmus eigentlich nicht
verwendet werden. Wir erinnern uns aber der Aussage von Kap.3, wonach
die Transformation trotzdem das richtige Ergebnis liefert, sofern das Resultat
der Transformation eine auf 1 normierte Dichtefunktion ergibt. Dieses ist im
vorliegenden Beispiel offensichtlich der Fall.
Der Algorithmus lautet: Erzeuge
. Dann ist
eine Veränderliche der Betaverteilung
. Das Programm
JBeta3 zeigt den Sourcecode.
Eine Reduktionsmethode mit Verwerfungsverfahren.
Die folgende Methode beruht auf einem ähnlichen mathematischen Formalismus
wie das soeben diskutierte Verfahren. Seien zwei Veränderliche
mit den Dichtefunktionen
Die gemeinsame Dichtefunktion ist
Wir studieren wiederum die Veränderlichen
Die transformierte Funktion in ,
ist nun leider keine auf 1 normierte Dichtefunktion. Wie wir schon
im vorherigen Beispiel diskutiert haben, ist die Transformation von
auf nicht umkehrbar eindeutig.
Eine genauere Analyse zeigt jedoch, daß die bedingte Wahrscheinlichkeitsdichte
in , unter der Voraussetzung, daß
, durch
gegeben ist. Damit lautet der Algorithmus:
1. Erzeuge
und setze
Wenn
, gehe zurück zu Punkt 1.
2. Die Größe
ist eine Veränderliche aus
.
JBeta4 zeigt das Programmlisting.
Von Neumannsches Verwerfungsverfahren.
Die Betaverteilung ist auf das endliche Intervall von bis
beschränkt. Daher kann man das von Neumannsche Verwerfungsverfahren
anwenden. Das Maximum der Betaverteilung liegt an der Stelle
und hat den Wert
Die Verwerfungsabfrage des von Neumannschen Verfahrens kann dann geschrieben
werden als
Zusammengefaßt lautet das Verfahren:
1. Berechne in einem externen Programm
2. Erzeuge
. Wenn
akzeptiere als Veränderliche von
, sonst
beginne von vorne bei Punkt 2. JBeta5 zeigt das Listing.
Zwei weitere Verwerfungsmethoden.
Da die beiden Funktionen
und
für
jeweils auf 1 normierte Dichtefunktionen sind, drängen sich zwei weitere
Verwerfungsmethoden auf:
1. - Verfahren:
2. - Verfahren:
Vergleich der Erfolgswahrscheinlichkeiten und zeigt,
daß das - Verfahren für
und das - Verfahren
für
gewählt werden sollte. Beide Verfahren sind in
JBeta6 vereinigt.
Cauchy-Verteilung
Die Cauchy- Verteilung
,
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(5) |
ist eine auf der gesamten reellen Achse definierte Dichtefunktion. In
physikalischen Anwendungen heißt diese Verteilung auch Breit- Wigner
Verteilung. Die physikalische Bedeutung liegt im folgenden. Die
Heisenbergsche Unschärferelation
besagt, daß man die Energie und die Zeit nicht gleichzeitig genau
messen kann. Setzt man für die Lebensdauer
eines sich in Ruhe befindliches quantenmechanischen Systems und für die
Ruhemasse, so muß man folgern, daß die Masse eines instabilen Systems
keinen scharf definierten Wert hat. Eine genauere Analyse
zeigt, daß die Masse eine Veränderliche der Breit-Wigner Verteilung ist:
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(6) |
Dieses ist offensichtlich eine Cauchy- Verteilung mit
und
.
Die erzeugenden Funktionen sind analytisch nicht darstellbar. Das erste
Moment kann man wegen der Symmetrie der Verteilung um
sofort hinschreiben,
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(7) |
Wie der Leser selbst feststellen wird, bereiten die höheren Momente
erhebliche Schwierigkeiten. So ist z.B. das zweite zentrale Moment
nicht endlich integrierbar (
für
und
). Wir verzichten daher auf eine weitere Diskussion.
Aus der Standard- Cauchy- Verteilung ,
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(8) |
kann die allgemeine Cauchy- Verteilung mit Hilfe der Transformation
gewonnen werden. Es genügt daher,
Simulationsalgorithmen für die Standard- Cauchy- Verteilung zu diskutieren.
Inverse Transformationsmethode.
Die integrale Verteilungsfunktion der Standard- Cauchy- Verteilung ,
kann leicht invertiert werden. Mit ist dann
eine Veränderliche aus . Das Programmlisting ist in JCauchy1
gezeigt.
Eine Reduktionsmethode.
Ein zweites Verfahren benutzt eine Reduktion zweier normalverteilter
Veränderlicher. Die zugehörige Mathematik hatten wir bereits diskutiert.
Wir formulieren den Algorithmus: Erzeuge
und setze
ist dann eine Veränderliche aus . Das Programm ist in
JCauchy2 gezeigt. Man beachte, daß in Routine JNormal1 zwei unabhängige
normalverteilte Veränderliche erzeugt werden.
Ein Verwerfungsverfahren.
Ein drittes Verfahren benutzt eine Verwerfung und lautet: Erzeuge
und setze
Wenn dann
, ist eine Veränderliche aus
. Sonst beginne von vorne. Wir überlassen es dem Leser,
die Mathematik dieses Verfahrens zu überprüfen. Das Programmlisting zeigt
JCauchy3.
Weibul-Verteilung
Die allgemeine Weibull- Verteilung
,
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(9) |
können wir mit Hilfe der Transformation
aus der
Standard- Weibul- Verteilung
,
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(10) |
erhalten. Die Weibul- Verteilung kann zur Darstellung von nichtresonanten effektiven Massen
in der Teilchenphysik benutzt werden. Die Momente der
Standard- Verteilung sind einfach zu berechnen und ergeben
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(11) |
Daraus erhalten wir Erwartungswert und Varianz der allgemeinen Verteilung
zu
Ähnliche Ausdrücke können für die höheren Momente abgeleitet werden.
Inverse Transformationsmethode.
Die Simulation erfolgt fast ausschließlich mit der inversen
Transformationsmethode. Die integrale Verteilungsfunktion der Standard-
Weibul- Verteilung,
kann leicht invertiert werden, sodaß mit die Größe
eine Veränderliche aus ist. Das Programm zeigt JWeibul.
Verwerfungsverfahren.
Natürlich gibt es auch hier eine Reihe von Verwerfungsverfahren. Man kann
z.B. die beiden Faktoren
bzw
als
Dichtefunktion und den jeweiligen anderen Faktor als Testfunktion
ansetzen.
Approximationen mit Hilfe der Gammafunktionen sind ebenfalls
möglich. Alle diese Verwerfungsverfahren können aber nicht mit der in
diesem Fall sehr einfachen inversen Transformationsmethode mithalten.
Wir verzichten daher auf eine weitere Diskussion.
-Verteilung
Die - Verteilung hatten wir bereits mehrfach diskutiert.
Die Definition ist:
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(14) |
Dieses ist eine spezielle Gammaverteilung
mit
und . Wir können also alle Algorithmen zur Simulation
der Gammaverteilung auch zur Simulation der - Verteilung benutzen.
Insbesondere ist für geradzahliges die - Verteilung identisch
mit der Erlang- Verteilung
. Für ungeradzahliges
setzen wir
mit geradzahligem und
wobei und eine Veränderliche mit der Dichtefunktion
ist. Die Variablentransformation
führt auf die Dichtefunktion
Dieses ist nichts anderes als die rechte positive Hälfte der Standard-
Normalverteilung. Zusammengefaßt erhalten wir den Algorithmus: Berechne und aus
und erzeuge . Falls
, erzeuge
. Die Größe
ist dann eine Veränderliche der - Verteilung .
Das Verfahren zeigt JChisqr1.
Bei der - Verteilung hat man es häufig mit großen Werten von
zu tun. Hier empfiehlt sich die Approximation der Erlang- Verteilung
durch eine Normalverteilung. In der Programmroutine JChisr1 wird
in diesem Fall der Aufruf von JErlang1 durch JErlang2 ersetzt. Die Simulation
der Standard- Normalverteilung JNormal3 kann natürlich durch jeden anderen
Algorithmus ersetzt werden.
Faltung von Normalverteilungen.
Ein zweites Verfahren zur Simulation der - Verteilung folgt aus der
schon mehrfach diskutierten Tatsache, daß die quadratische Summe von
normalverteilten Veränderlichen
einer
- Vertteilung gehorcht. Der Algorithmus lautet: Erzeuge
. Dann ist
eine Veränderliche aus . Das Programm ist in JChisqr2
gelistet.
Statistisches Wortmodell.
Zu erwähnen ist ferner die Simulation der - Verteilung, die wir
bereits bei der Herleitung des - Tests in Kap.1
benutzt hatten. Der Leser wird allerdings sofort bemerken, daß dieser
Algorithmus mit den im vorliegenden Kapitel abgeleiteten Verfahren nicht
mithalten kann.
Physikalische Bedeutung der Chisqr- Verteilung.
Die Chisqr- Verteilung hat nicht nur in der Statistik eine überragende Bedeutung, sondern auch
in physikalischen Anwendungen. Setzt man und führt die Transformation
aus, so wird man auf die Maxwellsche Formel für die Geschwindigkeitsverteilung von Molekülen
in einem idealen Gas geführt:
Diese Verteilung ist also eine Chisqr- Verteilung mit 3 Freiheitsgraden.
-Verteilung
Wir betrachten zwei unabhängige Veränderliche
und
, d.h.
Die gemeinsame Dichtefunktion ist:
Die Transformation
führt auf die Dichtefunktion in :
Integration über liefert die Randverteilung (mit
):
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(15) |
Diese Verteilung heißt t- Verteilung . Ein Simualtions-
Algorithmus folgt sofort aus unserer Herleitung und ist
als Unterroutine JTdist gelistet.
-Verteilung
Als letztes diskutieren wir noch die -Verteilung. Wenn eine Veränderliche einer - Verteilung
mit Freiheitsgraden und eine Veränderliche einer - Verteilung mit
Freiheitsgraden ist, dann ist die Variable
eine Veränderliche einer - Verteilung. Mit einer ähnlichen Rechnung wie vorher bei der - Verteilung
erhalten wir die Dichtefunktion .
Der Code von diesem Algorithmus ist in JFdist gelistet.
Ausblick. Es gibt noch eine ganze Reihe weiterer kontinuierlicher Verteilungen, die in den Natur-,
Ingenieur- und Sozialwissenschaften eine gewisse Rolle spielen. Falls der Leser bis hierhin den Ausführungen gefolgt ist,
sollte es ihm keine Schwierigkeiten bereiten, auch hierfür einen geeigneten Simulationsalgorithmus zu entwickeln.
Falls einem überhaupt nichts einfällt, kann man natürlich immer auf das von Neumann'sche Verwerfungsverfahren
zurückgreifen, sofern man den Wertebereich der Variablen auf ein endliches Intervall einschränken kann.
Dieses Verfahren habem wir in vorliegenden Abschnitt und im vorherigen Abschnitt bei der Diskussion der
kontinuierlichen Verteilungen total ignoriert.
Harm Fesefeldt
2006-07-11