Komplexe Funktionen
Komplexe Zahlen
Die formale Definition der imaginären Einheit mit Hilfe der Definition
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führt zu einer Erweiterung des Zahlenbegriffs, zu den komplexen Zahlen.
Mit Hilfe dieser Definition können wir die Wurzeln der algebraischen
Gleichung
angeben zu
Eine komplexe Zahl besitzt die allgemeine Form
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nennt man den Realteil, den Imaginärteil von und schreibt
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Man veranschaulicht komplexe Zahlen durch Punkte in der Gaußschen
Zahlenebene (siehe Abb.1).
Abbildung 1:
Darstellung einer komplexen Zahl in der Ebene.
Der Betrag der komplexen Zahl ist
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sodaß wir auch in der trigonometrischen Form
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schreiben können. Den Winkel nennt man das Argument der komplexen
Zahl . Aus den Reihenentwicklungen für , und
kann man die Eulersche Formel
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herleiten. Daraus folgt die Exponentialform der komplexen Zahlen
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Aus der trigonometrischen Darstellung ersieht man, daß das Argument
nicht eindeutig ist. Für eine gegebene komplexe Zahl besitzt das
Argument unendlich viele Werte. Unter dem Hauptwert des Arguments versteht
man den Wert zwischen und .
Grundoperationen.
Die Grundoperationen können aus den Grundoperationen der Real- und
Imaginärteile hergeleitet werden.
Bei der Multiplikation und Division wählt man besser die Exponentialform:
Die Rechenregeln für komplexe Zahlen sind so definiert, daß alle
vom Rechnen mit reellen Zahlen her bekannten Regeln und Relationen
(Kommutativität, Distributivität, u.s.w.) erhalten bleiben. Lediglich die
Ordnungsrelationen (
) haben für komplexe Zahlen selbst keine
Bedeutung, sondern nur für die Beträge der komplexen Zahlen. Die
wichtigsten Ungleichungen seien im folgenden zusammengestellt.
Die zu konjugiert komplexe Zahl ist durch
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gegeben. Die folgenden einfachen Rechenregeln lassen sich leicht
nachrechnen.
Gebiete und Wege
Irgendeine Teilmenge der komplexen Zahlenebene heißt ein Gebiet
G. Die Punkte auf dem Rand gehören nicht mit zum Gebiet. Daher sagt man
spezieller offenes Gebiet oder nicht abgeschlossenes Gebiet.
Bei einem abgeschlossenen Gebiet dagegen zählt der Rand mit zum Gebiet.
Gebiete können beschränkt oder unbeschränkt sein, je nachdem ob die
Zahl mit zum Gebiet zählt oder nicht. Mathematisch exakter
ausgedrückt sagt man, ein Gebiet ist beschränkt, wenn sich eine (reelle)
Zahl angeben läßt, sodaß
Gebiete können einfach oder mehrfach zusammenhängend sein, je nachdem wie
groß die Anzahl der geschlossenen Ränder des Gebietes ist (siehe Abb.2).
Abbildung 2:
Einfach- und zweifach zusammenhängendes Gebiet.
Einen Weg in der komplexen Zahlenebene kann man durch die
Parameterdarstellung
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beschreiben. Alle auf einem Kreis liegenden Zahlen kann man durch die
Gleichung
beschreiben. Hierbei ist
der Mittelpunkt und
der Radius des Kreises.
Geraden, parallel zur - bzw - Achse, werden durch
beschrieben. Hierin sind die rein reellen und rein imaginären Zahlen mit
bzw enthalten.
Funktionen
Ähnlich wie in der reellen Analysis durch eine Funktion einem - Wert
ein bestimmter - Wert zugeordnet wird, , so definiert man im
Komplexen eine Zuordnung einer komplexen - Ebene auf eine komplexe
- Ebene. Jedem Punkt wird durch eine Zahl
zugeordnet (siehe Abb.3).
Abbildung 3:
Darstellung einer komplexen Funktion in der z- und w- Ebene.
Man schreibt dieses auch häufig in der Form
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wobei natürlich, wie auch , einen Real- und Imaginärteil,
nämlich und , haben muß.
Stetigkeit und Differenzierbarkeit der Funktion im Punkte
wird ähnlich wie im Reellen durch die Existenz der Grenzwerte
erklärt. Wie im Reellen gelten die Differentiationsregeln
Existiert für alle aus einem Gebiet G, so heißt in
G regulär, analytisch oder holomorph. Solche Punkte , an denen
nicht existiert, nennt man singuläre Stellen. Es kann natürlich
vorkommen, daß in einem ganzen Gebiet nicht regulär ist. Mit
solchen Funktionen werden wir uns aber nicht beschäftigen. Die in unseren
Anwendungen vorkommenden Funktionen sind in der gesamten Zahlenebene
regulär, bis auf endlich oder unenedlich viele singuläre Punkte.
Die Grenzwerte (18) und (19) müssen für alle möglichen, unendlich
vielen, Annäherungen des Punktes nach existieren und
identisch gleich sein. Diese Forderung führt zu einer starken
Verschärfung des Differentiationsbegriffes in der komplexen Ebene
verglichen mit der auf der reellen Zahlengeraden. Wir diskutieren die
Grenzwerte auf zwei Wegen, nämlich Weg I parallel zur reellen Achse
und Weg II parallel zur imaginären Achse (siehe Abb.4).
Abbildung 4:
Zur Ableitung der Cauchy Riemannschen Differentialgleichung.
Auf Weg I ist und somit
Auf Weg II gilt entsprechend mit
Beide Grenzwerte müssen identisch gleich sein. Da auch Real- und Imaginärteil
getrennt gleich sein müssen, gelten die wichtigen Cauchy- Riemannschen
Differentialgleichungen
Nur und nur dann, wenn diese Gleichungen erfüllt sind, ist die Funktion
regulär. Oder, anders ausgedrückt, wenn einer der beiden,
Realteil oder Imaginärteil , bekannt sind, läßt sich der andere
Teil daraus berechnen.
Differenziert man die Cauchy- Riemannschen Differentialgleichungen ein
zweites mal (die Existenz der Ableitungen vorausgesetzt), so erhält man
die Laplaceschen Differentialgleichungen
Wie wir später noch ausführen werden, folgt aus der Existenz der ersten
Ableitung bereits die Existenz aller höheren Ableitungen
. Daher sind die Laplaceschen Differentialgleichungen
weitere notwendige Bedingungen, die und getrennt erfüllen
müssen, um Real- und Imaginärteil einer regulären Funktion sein zu
können. Eine Lösung der Laplaceschen Differentialgleichung heißt
harmonische Funktion. Mit dieser Definition gilt: Real- und Imaginärteil
einer regulären Funktion sind harmonische Funktionen.
Unter einer ganzen Funktion versteht man eine Funktion, die, abgesehen
von einer Singularität im Unendlichen, in der ganzen - Ebene
regulär ist.
Im folgenden sollen die für die Anwendungen wichtigsten Funktionen
kurz erläutert werden. Es sind dieses die ganzen rationalen Funktionen,
die gebrochenen rationalen Funktionen, die Potenz- und Wurzelfunktion,
die Exponentialfunktion sowie die trigonometrischen Funktionen.
Ganze rationale Funktionen.
Die ganzen rationalen Funktionen oder Polynome
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sind in der ganzen - Ebene regulär und daher beliebig oft differenzierbar.
Offensichtlich ist sogar
Ein Wert , für den verschwindet, also den Wert
annimmt, heißt Nullstelle von . Ein Polynom -ter Ordnung hat genau
Nullstellen
. Daher kann man Polynome auch in der
Produktform
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schreiben. Die Nullstellen brauchen nicht alle verschieden zu sein.
Allgemeiner kann eine Nullstelle mehrfach (-fach) auftreten, d.h. von
der Ordnung sein. Hat also das Polynom verschiedene
Nullstellen mit den Ordnungen
, so können wir auch
schreiben
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Durch ihre Nullstellen und deren Ordnung ist eine ganze rationale Funktion
also bis auf einen konstanten Faktor vollständig festgelegt. Man
charakterisiert daher ganze rationale Funktionen durch das sogenannte
Nullstellendiagramm (Abb.5).
Abbildung 5:
Nullstellen Diagramm einer ganzen rationalen Funktion.
Hierbei werden die Nullstellen in der komplexen Ebene mit Hilfe kleiner
Kreise (Nullen) eingezeichnet und deren Ordnungen in Klammern beigefügt.
Gebrochene rationale Funktionen.
Gebrochene rationale Funktionen
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können ähnlich wie ganze rationale Funktionen charakterisiert werden. Man
muß nur die Nullstellen vom Zähler- und Nennerpolynom getrennt
bestimmen und erhält die Produktform
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Hierbei sind also
die Ordnungen der verschiedenen
Nullstellen
des Zählerpolynoms und
die Ordnungen der Nullstellen
des Nennerpolynoms. Die Nullstellen des
Nennerpolynoms sind nun aber singuläre Stellen der Funktion .
Man nennt daher eine -fache Nullstelle des Nennerpolynoms einen
Pol -facher Ordnung der Funktion . Das
Pol- Nullstellen- Diagramm ist genauso wie für ganze rationale Funktionen
definiert, nur daß zusätzlich die Pole durch kleine Kreuze gekennzeichnet
werden (Abb.6).
Abbildung 6:
Pol- Nullstellen Diagramm einer rationalen Funktion.
Vorsicht ist geboten, wenn eine Nullstelle des Nennerpolynoms
gleich einer Nullstelle des Zählerpolynoms ist. In diesem Fall
entspricht das Verhalten der Funktion für dem der
Funktion
wobei und die Ordnungen der gemeinsamen Nullstelle vom
Zähler- und Nennerpolynom sind. Ist also , so hat
in eine Nullstelle der Ordnung , ist umgekehrt
, so hat f(z) einen Pol der Ordnung . Ist
, so ist die Funktion in ungleich 0 und
regulär. Wir erinnern in diesem Zusammenhang an die nützliche Regel
von L'Hopital, die man in der Form
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(31) |
schreiben kann. Diese Formel erlaubt die Untersuchung des
Grenzwertverhaltens von Quotienten beliebiger Funktionen und .
Von Interesse ist noch das Verhalten der Funktion im Unendlichen.
Der Funktion wird für das Verhalten zugeordnet,
daß die Funktion
für zeigt. Danach können
ganze rationale Funktionen wie auch gebrochene rationale Funktionen im
Unendlichen regulär sein, einen mehrfachen Pol oder eine mehrfache
Nullstelle besitzen.
Die Funktion
hat in eine einfache Nullstelle, da
und die Funktion
in einen dreifachen Pol, da
Potenz- und Wurzelfunktion.
Die mehrfache Multiplikation ein und derselben Zahl führt zur
Potenzfunktion,
Dieses ist offensichtlich eine spezielle ganze rationale Funktion.
Die Umkehrung dieser Fragestellung, nämlich die Zahl , deren
-te Potenz die Zahl ergibt, führt auf den Begriff der
Wurzel,
Wie wir am Anfang dieses Kapitels bereits ausgeführt haben, ist die
Exponentialfunktion nicht eindeutig, vielmehr ergeben sich Lösungen
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deren -te Potenz alle die Zahl ergeben.
Exponentialfunktion und trigonometrische Funktionen.
Die Exponentialfunktion ist mittels der Reihenentwicklung
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definiert. Diese Funktion ist in der gesamten - Ebene (bis auf )
regulär und nullstellenfrei. Mit Hilfe der Eulerschen Formel ergibt sich
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(34) |
Damit läßt sich also die komplexe Funktion mit Hilfe der
reellen Funktionen , und schreiben. Man bestätigt
leicht die folgenden Regeln
Die letzte Formel zeigt, daß die Funktion periodisch auf Parallelen
zur reellen Achse ist.
Die trigonometrischen Funktionen werden über die Relationen
definiert. Alle diese Funktionen besitzen eine singuläre Stelle im
Unendlichen und sind sonst regulär. Die Funktionen und
besitzen auf der imaginären Achse unendlich viele Nullstellen in
äquidistanten Abständen, während die Funktionen und
außer den bekannten Nullstellen auf der reellen Achse keine weiteren
Nullstellen besitzen. Die hieraus abgeleiteten Funktionen und
werden wie im Reellen durch die Quotienten von und
ausgedrückt. Diese Funktionen besitzen daher Pole auf der reellen
Achse. Die Ordnung dieser Pole werden wir später diskutieren.
Linienintegral
Gegeben sei ein Weg in der komplexen Ebene, dargestellt in der
Parameterform
Abbildung 7:
Integral in der komplexen Ebene.
Das Linienintegral von längs des Weges ist dann definiert als
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(39) |
mit
Da das Integral in der komplexen - Ebene auf zwei reelle Integrale
zurückgeführt wurde, gelten formal die gleichen Regeln wie im Reellen:
Handelt es sich bei dem Weg um einen vollständigen Kreis mit dem Radius
und dem Mittelpunkt
(der Parameter ist durch
ersetzt),
so ergibt sich das Linienintegral
Allgemeiner nennt man jedes Linienintegral über eine geschlossene Kurve
ein Kreisintegral (Abb.8).
Abbildung 8:
Integration auf einem Kreisweg.
Beispiel.
Sei speziell
dann ergibt sich für das Kreisintegral um mit Radius
oder
Dieses deutet bereits eines der wichtigsten und bemerkenswertesten Ergebnisse
der Funktionentheorie an. Das Kreisintegral der Funktion
hängt nicht vom Radius und vom Kreismittelpunkt ab. Es ist
für jeden Kreis und an jedem Ort der komplexen Ebene gleich groß.
Offensichtlich kommt es hierbei noch nicht einmal darauf an, ob es wirklich
ein Kreis ist. Die obige Aussage kann dahingehend verallgemeinert werden,
daß es sich um einen geschlossenen Weg in der komplexen - Ebene handeln
muß. Es sind dieses besonders die Kreisintegrale, die uns im folgenden
beschäftigen werden.
Hauptsatz der Funktionentheorie
Die Verallgemeinerung dieses Sachverhaltes wird im Hauptsatz der
Funktionentheorie folgendermaßen formuliert:
Satz: Ist in einem einfach zusammenhängenden Gebiet G regulär,
dann ist
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(45) |
unabhängig vom Weg W, der die beiden Punkte und verbindet,
oder, was das gleiche ist, auf einem geschlossenen Weg gilt
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(46) |
Der geschlossene Weg muß dabei natürlich ganz in G liegen, er darf
insbesondere keine singulären Stellen der Funktion umschließen.
Abbildung 9:
Zum Hauptsatz der Funktionentheorie.
Stammfunktion.
Gegeben sei eine Funktion , die in einem Gebiet regulär ist.
Die Funktion
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(47) |
ist dann, wie wir jetzt wissen, unabhängig von dem Weg von nach
, auf dem das Integral berechnet wird, wenn nur der Weg ganz in
verläuft, einschließlich des Startwertes . Wie man zeigen kann,
ist dann ebenfalls eine reguläre Funktion in und es gilt
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(48) |
Man nennt die Stammfunktion von . Ist bekannt, kann das
Integral über von bis berechnet werden gemäß
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(49) |
Folgerungen.
Ein wichtiges Beispiel für die Anwendungen des Hauptsatzes ist das folgende.
Gegeben sei ein zweifach zusammenhängendes Gebiet G, in dem regulär
ist. In dem unschraffierten Bereich braucht nicht regulär zu sein,
es können dort singuläre Stellen liegen (Abb.10).
Abbildung 10:
Folgerungen aus dem Hauptsatz der Funktionentheorie.
Für die Integrale auf den beiden geschlossenen Wegen und
können wir zunächst nichts aussagen, da das Gebiet G nicht einfach
zusammenhängend ist, wir den Hauptsatz also nicht anwenden können.
Wir können und aber in zwei andere Kurven
und zerlegen, wie in der folgenden Skizze dargestellt (Abb.11).
Abbildung 11:
Aufteilung des Integrationsweges.
Auf den beiden Verbindungswegen heben sich die Integrale offensichtlich
gegenseitig auf, sodaß gilt
Im Inneren der geschlossenen Wege und ist
jedoch regulär, also nach dem Hauptsatz sind die beiden Integrale
auf der linken Seite der Gleichung identisch gleich Null. Daher gilt auch
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(50) |
Der Wert des Integrals hängt also nicht von der speziellen Form des den
singulären Innenbereiches umfassenden Weges ab.
Abbildung 12:
Integration in einem mehrfach zusammenhängendem Gebiet.
Man kann diesen Sachverhalt noch verschärfen. Der Weg möge
singuläre Bereiche (Stellen) einschließen,
dann gilt:
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(51) |
In einem mehrfach zusammenhängenden Gebiet G, in dem regulär ist,
hängt der Wert des auf einem geschlossenen Weg gebildeten Integrals
nur davon ab, welche der singulären Bereiche (Stellen)
vom Integrationsweg umschlossen werden (Abb. 12).
Integralformel von Cauchy.
Wir betrachten weiter das Integral
sei im gesamten Gebiet G regulär. Die unterm Integral stehende Funktion
hat dann einen einfachen Pol im Punkte , dargestellt als Kreuz in der
folgenden Skizze (Abb.13).
Abbildung 13:
Zur Integralformel von Chauchy.
Wir bilden das Integral auf einem Kreis mit Radius um den Mittelpunkt
,
Für , also bei stetiger Verkleinerung des Kreisradius, erhalten
wir
Andererseits wissen wir aus Formel (50), daß der Wert des links
stehenden Integrals nicht vom Radius des Kreises abhängt, wir können also
allgemein schreiben:
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(52) |
Dieses ist wieder eine bemerkenswerte Formel, die wir noch kurz interpretieren
wollen. Der Hauptinhalt liegt darin, daß sich mit ihrer Hilfe alle
Funktionswerte im Innern einer geschlossenen Kurve berechnen
lassen, wenn nur die Funktionswerte auf der Kurve selbst bekannt sind.
Formel (52) kann in folgender Form verallgemeinert werden. Sei eine
bis auf endlich viele singuläre Stellen
reguläre Funktion. Sei insbesondere im Unendlichen für
regulär. Wir bilden das Integral
wobei der Weg alle Singularitäten umschließt und jetzt
aber, im Gegensatz zur normalen Integralformel von Cauchy, außerhalb
des von gebildeten Ringebietes liegt.
Abbildung 14:
Zur Integralformel von Chauchy.
Ein zweiter geschlossener Weg möge darüber hinaus auch noch
einschließen. Wir schneiden das Ringgebiet in gewohnter Weise
auf und bilden das Integral auf dem von , und den beiden
Verbindungslinien gebildeten Weges . Für diesen Weg kann die Formel
(52) angewendet werden, da jetzt innerhalb des geschlossenen
Weges liegt, und in diesem Gebiet regulär ist.
In bekannter Weise kann dieses Integral umgeschrieben werden zu
Das Kreisintegral über ist aber unabhängig vom Weg, siehe (51). Vergrößern
wir den Radius dieses Weges bis nach
, so
verschwindet das Integral über wegen der Regularität von
für . Daher gilt
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(53) |
Die Integralformel von Cauchy gilt also auch für das Außengebiet eines
geschlossenen Weges, wenn die Funktion dort überall regulär ist,
einschließlich .
-malige Differentiation liefert
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(54) |
Dieses ist der Beweis dafür, daß eine einmal differenzierbare Funktion
beliebig oft differenzierbar ist.
Laurent- Reihe
Betrachten wir nun in der komplexen Ebene ein gewisses Gebiet um den Punkt
herum. Wenn die Funktion in regulär ist, gilt
die Reihenentwicklung
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(55) |
Dieses sind Reihenentwicklungen, wie wir sie schon aus der reellen Analysis
her kennen. Diese Entwicklungen gelten nur für ein bestimmtes Kreisgebiet
um herum,
Abbildung 15:
Konvergenzgebiet der geometrischen Reihe.
Wenn in singulär ist, müssen in der Reihenentwicklung
auch Terme mit negativem Index auftreten. Wir setzen allgemein
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(56) |
Die Koeffizienten berechnet man am einfachsten, indem man beide
Seiten durch
dividiert und ein Kreisintegral
auf einem Weg um herum bildet,
Mit Hilfe der Formeln (43) und (44) schließen wir,
und damit
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(57) |
Die möglichen Werte für die Koeffizienten können noch weiter
eingeschränkt werden. Hat in einen Pol der Ordnung ,
so ist offensichtlich die Funktion
in
regulär, d.h. mit Hilfe der Formel (55)
oder
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(58) |
d.h die Ordnung der Singularität gibt den negativen Startwert des
Summations- Index an. Entsprechend schließt man für eine -fache
Nullstelle in :
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(59) |
Residuum.
Als Besonderheit der Laurent- Entwicklung bemerken wir, daß
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(60) |
ist, d.h. der erste negative Koeffizient der Reihenentwicklung um den
Punkt ist gleich dem Kreisintegral der Funktion um .
Diesen Sachverhalt kann man ausnutzen, um Kreisintegrale zu berechnen.
Der Koeffizient hat einen besonderen Namen, nämlich das Residuum
von an der Stelle .
Besitzt an der Stelle einen fachen Pol, dann kann das
Residuum an dieser Stelle mit der Formel
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(61) |
berechnet werden. Der Index an der eckigen Klammer bedeutet wie
üblich eine -fache Ableitung. Diese Formel folgt sofort aus
(58), was wir in der Form
schreiben können.
Falls der Integrationsweg mehrere singuläre Stellen
einschließt, mit den Ordnungen
, so gilt nach Formel (51):
Abbildung 16:
Residuum von mehreren singulären Punkten.
Handelt es sich dabei ausschließlich um Pole mit den Ordnungen
, so gilt die zu (61) verallgemeinerte Formel
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(62) |
Beispiel.
Die Funktion
mit hat an der Stelle einen dreifachen und an der
Stelle einen einfachen Pol. Die Grenzwerte sind
Die Kreisintegrale auf den Wegen um und um
sind daher
Das Kreisintegral auf dem Weg um beide Singularitäten
ergibt
Beispiel.
Die Funktion
mit
hat je einen einfachen Pol in und .
Die Residuen in den beiden Polen sind
Das Kreisintegral auf einem Weg
um beide Singularitäten
ist daher
Beispiel.
Die Integration mittels der Residuenformel kann ausgenutzt werden, um
Integrale auf der reellen Achse zu berechnen. Wir wollen dieses Verfahren
an einem Beispiel erläutern. Die Funktion
besitzt je einen einfachen Pol bei
Abbildung 17:
Pole der im Text behandelten rationalen Funktion.
Wir wählen einen Integrationsweg um die beiden Pole und .
Dieser Weg besteht aus einem Halbkreis mit Radius und
einem Weg längs der Reellen Achse. Mit Hilfe der Residuenformel
erhalten wir
oder, da
,
Da eine 4-fache Nullstelle im Unendlichen besitzt , verschwindet
offensichtlich das Integral über den Halbkreis für .
In demselben Maße wie das Integral auf kleiner wird für
wachsendes , vergrößert sich der Wert des Integrals auf der reellen
Achse. Im Grenzfall gilt offensichtlich
oder
Schlussbemerkung
Damit wollen wir die Behandlung der komplexen Funktionen beenden. Wenn Sie alles verstanden haben,
wissen Sie etwas mehr, als im Folgenden benötigt wird. Schaden kann das allemal nicht. Die Theorie
der komplexen Funktionen (Funktionentheorie) ist nach meinem Geschmack eines der interessantesten
Gebiete der Mathematik.
Harm Fesefeldt
2006-04-03